Wiesenweisheit
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Die Christrose - Symbol der Hoffnung

erschienen in Holunderelfe Winter 2025


Was hat eine Blume in Zeiten von Eis und Frost verloren, fragst Du Dich vielleicht?

Ich habe mich jedenfalls gewundert, als ich das erste Mal eine Christrose geschenkt bekam, das war im Januar. Ihr Name klingt anmutig und ganz und gar positiv. Allerdings ist die Christrose gar kein Rosengewächs sondern ein Hahnenfußgewächs und damit in allen Teilen giftig. Doch zunächst zum Erscheinungsbild: von Dezember bis Februar überraschen uns die Blüten der Christrose mit je 5 schneeweißen Blütenblättern. Manchmal sind sie auch rot überlaufen, nach dem Verblühen werden sie grünlich. Die Blätter sind immergrün, langstielig und bestehen aus 7-9 Teilen, werden ledrig und können lange überdauern. Die Pflanze wird bis zu 30 cm hoch und wächst vor allem in Mittel- bis Südeuropa und in den Kalkalpen. Früher verwendeten die Menschen ihre Wurzel als Niespulver, deshalb wird sie auch schwarze Nieswurz genannt. Die Namen Christrose, Christblume und Schneerose sind aufgrund ihrer Blütezeit selbsterklärend. Helleborus niger ist ihr Gattungsname, Helleborin einer der giftigen Inhaltsstoffe. Dies bedeutet im Griechischen in etwa „giftige (tötende) Speise“ und weist darauf hin, dass die Pflanze nach dem Verzehr tödlich wirkt.

Zusammen mit weiteren Wirkstoffen wie Protoanemonin und Hellebrin führt auch das Helleborin zu Schleimhautreizungen, Lähmungen, Herzrhythmusstörungen und Atemnot. Auch Atemlähmungen können zum Tod führen. Trotzdem wurde die Christrose früher als Heilmittel bei Verstopfung oder Übelkeit angewendet, man hat versucht, die passende Dosis herauszufinden. Paracelsus empfahl vor allem die Wurzel gegen einige Alterskrankheiten, wie z.B. Gicht, und berichtete von guten Ergebnissen. Heute sollten wir tunlichst kein Pflanzenteil in Selbstmedikation zu uns nehmen. Bei Rheuma, Gicht, Ödemen, Nierenerkrankungen, Gedächtnisschwäche, Kopfschmerzen, Schwindelzuständen und Ohrensausen wird sie in homöopathischer Verdünnung eingesetzt. Sie kann uns bei depressiven Verstimmungen und mentaler Erschöpfung helfen, Ruhe und Konzentration zurückzugewinnen. Genau mit dieser Wirkung wird sie in die onkologische Behandlung integriert, damit der Patient mit der psychischen Belastung durch die Krankheit besser zurechtkommt. Seit einigen Jahren wird die homöopathische Aufbereitung der Christrose hinsichtlich einer möglichen Wirksamkeit gegen Krebs erforscht.  In einer Studie erreichte man zum Beispiel durch den begleitenden Einsatz der Christrose, dass ein durch Krebs verursachter Pleuraerguss zurückging.
Auch die Anthroposophische Medizin sieht die Christrose als Heiler in der Krebstherapie. Rudolf Steiner hat ihr Blühverhalten im Hinblick auf eine mögliche Wirkung gedeutet: sie stellt sich der sie umgebenden Natur entgegen. Dies vergleicht er mit dem unkontrollierten Wuchern der Krebszellen, die sich ebenfalls gegen die natürliche Ordnung stellen.

Ich persönlich finde die Symbolkraft dieser Pflanze beeindruckend. Wenn ich in einem Garten blühende Christrosen sehe, bleibe ich ehrfürchtig am Zaun stehen. Wir können uns von ihnen abschauen, wie man sich an die Gegebenheiten anpassen kann. Sie trotzen Schnee und Eis, indem sie das Wasser aus ihren Leitungsbahnen ziehen, um Frostschäden zu vermeiden. Eine Widerstandsfähigkeit, mit der sie schwierige Zeit überlebt und danach eine wunderschöne Blüte zeigen kann. Sie dient damit nicht nur Winterinsekten als Nahrungsmittel, sondern belebt die tristen Wintertage bis zum Frühlingsanfang. Die Christrose blüht dann, wenn alles andere Leben ruht und weckt damit Hoffnung und Vorfreude auf einen Neubeginn.